
Heute ist eine dieser Schlagzeilen aufgetaucht, die selbst hartgesottene Krypto-Enthusiasten staunen lässt: Die US-Regierung soll angeblich nur noch 28.988 Bitcoin halten. Nicht 200.000, nicht 100.000, keine sechsstellige Reserve. Knapp 29.000 BTC – Stand: Mitte Juli 2025.
Was wie ein schlechter Scherz klingt, wurde durch eine offizielle FOIA-Anfrage (Freedom of Information Act) publik gemacht und hat eine Welle der Spekulationen, Irritationen und politischen Diskussionen losgetreten. Wenn diese Zahl stimmen sollte, stehen sämtliche bisherigen Schätzungen über den staatlichen Bitcoin-Schatz auf wackligen Beinen. Dies würde einmal mehr beweisen, dass die aktuelle US-Regierung es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt.
US-Bitcoin Reserve: Um was geht es eigentlich?
Die Enthüllung stammt aus einer FOIA-Antwort des US Marshals Service (USMS), die am 15. Juli 2025 veröffentlicht wurde. Diese Behörde ist unter anderem für die Verwaltung beschlagnahmter Vermögenswerte zuständig, insbesondere für Kryptos, die in Strafverfahren beschlagnahmt wurden.
Die genaue Zahl der Bitcoin, die sich im Besitz des USMS befinden beträgt 28.988,35643016 Bitcoin. Der Marktwert zum Zeitpunkt der Veröffentlichung beträgt: Rund 3,4 Milliarden US-Dollar.
Diese Zahl liegt deutlich unter den bisher in Fachkreisen zirkulierenden Schätzungen von über 200.000 BTC, die der US-Regierung zugeschrieben wurden. Das wirft sofort Fragen auf: Wurde verkauft? Verloren? Zurückgegeben?
Die Diskrepanz – und ihre möglichen Ursachen
Zunächst sollte man Folgendes beachten: Die genannte Zahl bezieht sich ausdrücklich auf Vermögenswerte, die sich im Besitz des USMS befinden.
Innerhalb des föderalen Systems der USA verwalten verschiedene Behörden beschlagnahmte oder „verwahrte” Bitcoins, darunter das FBI, das IRS, das Heimatschutzministerium und eben auch das USMS. Das bedeutet: Die 28.988 BTC beim Marshals Service müssen nicht die gesamte Bitcoin-Reserve der USA widerspiegeln.
Hinzu kommt eine weitere juristische Unterscheidung: Zwischen „seized“ (beschlagnahmt, aber nicht rechtskräftig enteignet) und „forfeited“ (rechtskräftig an die Regierung gefallen). Letzteres wird in die FOIA-Zahl aufgenommen. Es ist also durchaus möglich, dass zigtausende Bitcoin noch im Schwebezustand lagern – etwa bei Gerichten oder auf Multi-Sig-Wallets – und noch nicht endgültig in den Besitz der Regierung übergegangen sind.
Ein weiterer Punkt ist: Rückführungen. In der Vergangenheit wurden beschlagnahmte Bitcoins – etwa bei Börsenhacks – an die rechtmäßigen Eigentümer zurückgegeben. Ein Beispiel sind die Bitfinex-Hack-Gelder, die nach einem langen Prozess zumindest in Teilen an das Unternehmen rückübertragen wurden.
Ein Ausverkauf der Bitcoin-Reserven?
Ein Geschmäckle bleibt trotzdem: Hat die US-Regierung etwa 85 Prozent ihrer BTC klammheimlich verkauft?
Die Antwort lautet höchstwahrscheinlich nein. Mehrere On-Chain-Analysefirmen wie Arkham Intelligence und Chainalysis konnten keine größeren Abflüsse oder Verkaufswellen beobachten, die auf eine systematische Liquidierung staatlicher Bitcoin-Bestände hindeuten würden.
Ein Großverkauf im Umfang von 100.000 oder 150.000 BTC wäre selbst bei vorsichtiger Taktik nicht zu übersehen – sei es durch ungewöhnlich große Transaktionen, neue Wallet-Aktivitäten oder schlicht Kursschwankungen. Nichts davon ist aktuell am Kryptohorizont zu erkennen.
Die „Strategic Bitcoin Reserve“ – mehr als lediglich Symbolpolitik?
Im März 2025 unterzeichnete der US-Präsident eine Executive Order zur Einrichtung einer „Strategic Bitcoin Reserve“. Diese nationale Bitcoin-Reserve soll beschlagnahmte BTC dauerhaft sichern und vor dem Verkauf schützen und so ein geopolitisches Asset im digitalen Zeitalter darstellen.
Das erklärte Ziel ist es, Bitcoin auf lange Sicht als strategisches Gut zu etablieren – ähnlich wie Goldreserven. Der Unterschied besteht darin, dass BTC mobil, transparent und jederzeit auf globalen Märkten veräußerbar ist.
Die FOIA-Zahl bringt dieses Vorhaben jedoch ins Wanken. Wenn nur 28.988 BTC offiziell vorhanden sind, was genau soll dann diese „Reserve“ eigentlich enthalten?
Einige spekulieren, dass der Großteil dieser Reserve in Wallets außerhalb der Verwaltung des USMS lagert, beispielsweise bei privaten Verwahrern wie Coinbase Custody oder Anchorage Digital. Bestätigt ist das jedoch nicht. Andere wiederum mutmaßen, dass die Reserve schlicht noch nicht existiert, sondern nur als politisches Statement dient.
Ein Weckruf für Transparenz
Eines steht fest: Der FOIA-Bericht ist ein Weckruf für all jene, die glauben, die USA hätten ihre Krypto-Strategie im Griff. Die aktuelle Lage ist nämlich alles andere als klar. Sie zeigt vielmehr, wie undurchsichtig der staatliche Umgang mit digitalen Vermögenswerten derzeit ist.
Für Beobachter aus Politik, Wirtschaft und Kryptoszene bleibt allerdings die Frage: Wo sind die restlichen Bitcoins?
Und noch wichtiger: Wird die Regierung irgendwann offenlegen, was sie besitzt, was sie verkauft hat und was sie strategisch zurückhält?
Bis dahin bleibt uns nur eines: beobachten, analysieren und misstrauisch bleiben, wenn Zahlen zu schön (oder zu niedrig) klingen, um wahr zu sein.
Zuletzt aktualisiert am 17. Juli 2025